Von Tine Steiner
Von Tine Steiner
Personenbezogene Daten, die entlang der gesamten Customer Journey gesammelt werden, spielen eine zentrale Rolle für den Verkaufserfolg im E-Commerce. Im Interview erklärt der CRM-Experte Sebastian Scheibe wie Händler und Hersteller mehr aus ihren Kunden- und Kontaktdaten herausholen können. Sein Motto: Datenpflege ist Beziehungspflege.
Sebastian, warum sind Kunden- und Kontaktdaten für den Erfolg im E-Commerce so wichtig?
Daten sind der Treibstoff des digitalen Zeitalters. Das bedeutet für den Handel, dass Daten die Basis für eine funktionierende Customer Journey im Sinne eines wertschätzenden Kundendialogs sind. Je mehr Treibstoff ein Händler in Form von hochwertigen Daten im Tank hat, desto umfassender kann er seinen Kunden eine Erlebnisreise bieten, die die Erwartungen übertrifft.
Insofern sind hochwertige Kunden- und Kontaktdaten auch die Voraussetzung für eine vertrauensvolle Partnerschaft zwischen Händler und Kunde. Denn ohne das Wissen über die Bedürfnisse und das Verhalten ihrer Kunden sind Händler kaum in der Lage, die Beziehung für positiv und mit Hinblick auf eine langfristige Kundenbeziehung nachhaltig zu gestalten.
Mit hochwertigen Daten aus der Vergangenheit halten Händler praktisch den Schlüssel für eine gemeinsame Zukunft in der Hand. Sie können ihr Angebot gezielt auf den individuellen Bedarf ihrer Kunden zuschneiden und transportieren damit genau die Wertschätzung, die Kunden heute besonders im eCommerce erwarten.
Nicht zu vergessen, dass Kundendaten über den eCommerce hinaus heute wesentlich zum Wert eines Unternehmens beitragen. Denn der Zugang zu Kunden ist per se ein Vermögenswert. Das gilt nicht nur für eCommerce-Giganten wie Amazon, sondern auch für kleine und mittelständische Händler.
Welches sind die grössten Herausforderungen für Händler und Hersteller im Umgang mit ihren Daten?
Die DSGVO hat die Anforderungen an den Umgang mit personenbezogenen Daten verschärft. Händler, die Ihre Hausaufgaben nicht rechtzeitig gemacht haben, stehen unter großem Druck, ihre Daten und Prozesse an die neuen Regeln anzupassen. Viele Daten, mit denen sie in der Vergangenheit gearbeitet haben, sind plötzlich wertlos, weil beispielsweise das Einverständnis von potenziellen Kunden zur Nutzung dieser Daten fehlt.
Durch die DSGVO ist die Nutzung von personenbezogenen Daten sauberer, jedoch für viele Händler sehr viel anspruchsvoller und aufwändiger geworden. Das beginnt bei einfachen Pflichtübungen wie dem Cookie-Disclaimer im Shop, über das Aufbrechen von internen Datensilos bis hin zu einem DSGVO-konformen Datenmanagement über die Grenzen des Unternehmens hinaus. Beispielsweise wenn Händler personenbezogene Daten von Herstellern zur weiteren Bearbeitung bekommen und speichern.
TIPP: Nützliche Infos und Praxisbeispiele zu den Themen DSGVO und Datenqualität finden Sie in den regelmäßigen Blog-News von Vision11. Jetzt abonnieren unter: https://visioneleven.com/blog-anmeldung
Woran können Shop-Betreiber erkennen, dass bei der Qualität ihrer Daten noch Luft nach oben ist?
Ein wichtiger Indikator für die Qualität von Kunden- und Kontaktdaten ist die Nutzbarkeit im Sinne der DSGVO. Was kann der Händler mit seinen Daten tatsächlich anfangen? Darf er die Daten beispielsweise für Marketingzwecke benutzen?
Stellt ein Händler beispielsweise fest, dass er einen großen Teil seiner Daten nicht dazu verwenden darf, Kaufinteressenten per E-Mail-Kampagne zu kontaktieren, dann ist bei der Qualität seiner Daten offensichtlich noch viel Luft nach oben.
Damit Händler ihre Kunden über möglichst viele relevante Kanäle erreichen, müssen Kundendaten grundlegende Kontaktinformationen enthalten. Das versteht sich eigentlich von selbst, ist aber in vielen CRM-Projekten ein Schwachpunkt. Händler, die die Möglichkeiten des Omnichannel-Verkaufs ausschöpfen wollen, müssen ihre Kontaktdaten kontinuierlich anreichern und aktualisieren. Moderne CRM-Systeme können dabei helfen.
Wie kann Technologie beim Datenmanagement unterstützen, wo sind die Grenzen?
Grundsätzlich kann Technologie heute schon dabei unterstützen, Kunden- und Kontaktdaten nicht nur zu verwalten, sondern auch das Potenzial für den eCommerce voll auszuschöpfen. Allerdings tun sich viele Unternehmen schwer damit, herauszufinden, welche Aufgaben sinnvollerweise von Maschinen übernommen werden sollten. Welche Aufgabenbereiche eignen sich für den Einstieg in die Automatisierung? Welche Technologie ist sinnvoll als Basis für die Entwicklung selbstlernender Systeme im Sinne von Maschine Learning?
Entscheidend für den Einstieg und die Auswahl von Technologie ist, dass der Fokus immer auf dem Business Value liegt, den Technologie dem Unternehmen bringen kann und nicht darauf, was gerade angesagt ist. Ein solcher Business Value könnte beispielsweise daraus resultieren, dass Datensilos im Unternehmen mithilfe von smarter Technologie so zusammengeführt werden, dass die Daten im Kontext verarbeitet und intelligent genutzt werden können.
Wunder sollte man von Technologie, auch wenn Sie Künstliche Intelligenz verspricht, nicht erwarten. Maschinen, die dem Menschen komplexe Entscheidungen im eCommerce komplett abnehmen oder gar mitdenken, wird es so schnell nicht geben. Was Händler jedoch heute schon sinnvoll einsetzen können sind Systeme, die mithilfe von Machine Learning und smarten Algorithmen verschiedene Prozesse im Datenmanagement automatisieren oder gar weiterentwickeln. Hierzu braucht man jedoch heute schon umfangreiche und hochwertige Daten.
Was können Händler und Hersteller tun, um die Qualität ihrer Kunden- und Kontaktdaten wirksam zu verbessern?
Im Grunde ist es sehr einfach, aber in der Praxis doch eine Herausforderung: Unternehmen müssen die Relevanz ihrer Daten erkennen und sich aktiv damit auseinandersetzen. Sie müssen verstehen, dass Daten, egal ob Kunden- oder Produktdaten, neben ihren Produkten echte Vermögenswerte sind und dementsprechend behandelt werden wollen. Dieses Verständnis fehlt leider in vielen Unternehmen, weshalb das Datenmanagement heute oft noch halbherzig betrieben wird.
Händler und Hersteller, die die Qualität ihrer Daten wirksam verbessern wollen, sollten damit beginnen, die Kunden aktiv in ihr Data Quality Management einzubeziehen. Das hat weniger mit Technologie zu tun als vielmehr mit Beziehungsmanagement. Käufer wollen und müssen gemäß DSGVO gefragt werden, wie sie sich den Umgang mit ihren Daten vorstellen.
Das ist für Händler nicht nur Pflicht, sondern auch eine Chance, die Beziehung zu ihren Kunden aktiver und wertvoller zu gestalten. Da hilft es schon, den Kunden häufiger mal zu fragen: Was können wir Dir Gutes tun? Was erwartest Du von uns als Händler? Eine solche Offenheit wirkt Wunder und hilft dabei, die Qualität von Kundendaten schnell und zuverlässig zu verbessern.
TIPP: Die vier Handlungsfelder in der Produktdatenanalyse: „Produktdatenanalyse im E‑Commerce: Temperatur messen allein bekämpft noch kein Fieber“
Ausblick: Wie werden Kunden- und Kontaktdaten für den E-Commerce zukünftig verarbeitet?
Je mehr Daten für den eCommerce verarbeitet werden müssen, desto mehr wird der Mensch an seine Grenzen stoßen. Deshalb wird die Automatisierung des Datenmanagements in Zukunft eine große Rolle spielen. Das schafft die Basis für eine sinnvolle Arbeitsteilung zwischen Mensch und Maschine: Der Mensch konzentriert sich auf die inhaltliche Seite des eCommerce, den Content. Maschinen sind dafür zuständig, Kunden mit individuell passendem Content zu beliefern. Der Kundendialog wird quasi in Echtzeit möglich sein, sodass Verkaufsprozesse deutlich schneller werden.
Vielen Dank für das interessante Gespräch!
Über Sebastian Scheibe
Der Gründer und Geschäftsführer des Münchner CRM Beratungshauses Vision11 brennt seit mehr als 17 Jahren für das Thema Customer Relationship Management. Als Berater und Experte für Unternehmen aus unterschiedlichen Industrien kennt er die Herausforderungen des B2B und B2C Umfeldes. Im Fokus steht für ihn die Digitalisierung der Customer Journey.