Von Franziska Früchtel
Von Franziska Früchtel
Barrierefreiheit ist im digitalen Verkauf kein Nice to have. Neben dem natürlichen Interesse von Unternehmen, bestmögliche Kauferlebnisse zu bieten, gibt es ab Juni 2025 rechtliche Vorgaben.
„Barrierefrei sind […] Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind.“ – Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)
Status Quo: Barrierefreiheit bei Online-Shops mangelhaft
Studien zeichnen ein düsteres Bild: Nur ein Fünftel der untersuchten Online-Shops in Deutschland ist barrierefrei. Eine aktuelle Untersuchung von Aktion Mensch, BITV-Consult, Google, PIA UDG und der Stiftung Pfennigparade zeigt, wie groß der Handlungsbedarf im E-Commerce ist. Getestet wurde die Bedienbarkeit per Tastatur sowie wichtige Kriterien für digitale Barrierefreiheit beim Online-Shopping gemäß Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) des World Wide Web Consortiums (W3C):
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Sind Formularfelder verständlich beschriftet und erklärt?
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Ist die Textgröße veränderbar?
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Sind die Kontraste von Texten und Grafiken ausreichend groß?
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Sind multimediale Inhalte für alle Menschen erfassbar?
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Können multimediale Inhalte pausiert, beendet und ausblendet werden?
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Sind Überschriften und Beschriftungen aussagekräftig und verständlich?
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Können interaktive Elemente durch assistive Technologien ausgelesen werden?
Statista kam bereits 2020 zu dem Ergebnis, dass „Barrierefreiheit im Internet kaum vorhanden“ ist. Eine breit angelegte Analyse der meist referenzierten Websites der Welt hinsichtlich ihrer Zugänglichkeit für Menschen mit Beeinträchtigungen zeigte, dass nur rund zwei Prozent der Angebote ohne Mängel sind.
Daran dürfte sich bis heute wenig geändert haben, denn Barrierefreiheit wird in vielen Unternehmen wenig berücksichtigt. Hier ist ein grundsätzliches Umdenken nötig, denn von einfach zugänglichen und nutzbaren Angeboten im Netz profitieren nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern auch etwa Nutzer mit altersbedingten Einschränkungen und technisch wenig versierte Personen.
Für Unternehmen bietet der barrierefreie Online-Verkauf eine große Chance, mehr potenzielle Kunden zu erreichen, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und ihr Angebot für bestimmte Zielgruppen zu verbreitern. So kann ein mehr an digitaler Teilhabe zu mehr Umsatz führen.
Neue gesetzliche Anforderungen an Online-Shops ab 2025
Gemäß Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) müssen E-Commerce-Angebote spätestens ab dem 28. Juni 2025 barrierefrei sein. Das betrifft Hersteller, Händler und Importeure von bestimmten Produkten sowie Erbringer von Dienstleistungen. Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten oder weniger als 2 Mio. € Jahresumsatz sind vom Gesetz teilweise ausgenommen. Bei Nichteinhaltung der Vorgaben können Marktüberwachungsbehörden die Bereitstellung des Produkts oder der Dienstleistung einschränken, untersagen oder dafür sorgen, dass Produkte zurückgenommen oder zurückgerufen werden. Auf diese Veränderung sollten sich Shop-Betreiber heute schon einstellen.
„Noch ist genug Zeit, die eigene Website, vor dem Hintergrund der rechtlichen Anforderungen, barrierefrei umzubauen.“ – Aktion Mensch
Barrierefreiheit im Online-Shop frühzeitig angehen
Vorausschauende E-Commerce-Verantwortliche beginnen schon jetzt, ihren Shop, Apps und sonstige digitale Verkaufskanäle fit für die neuen gesetzlichen Anforderungen zu machen. Diese werden ab Ende Juni 2025 für Hersteller und Händler verbindlich gelten:
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Der Online-Shop muss den Anforderungen der EN 301 549 / BFSGV entsprechen.
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Barrierefrei zugängliche „Erklärung zur Barrierefreiheit” auf der Internetseite veröffentlichen. Diese Erklärung enthält Informationen darüber, wie Barrierefreiheit sichergestellt wird bzw. welche Teile (noch) nicht barrierefrei sind. Hier ein Beispiel.
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Kontaktmöglichkeit im Shop anbieten, mit der Nutzende Barrieren melden können.
„Händler, die schon jetzt ihre Hausaufgaben hinsichtlich Barrierefreiheit machen, sind auf der sicheren Seite, wenn das BFSG 2025 in Kraft tritt.“ – Helga Trost, Head of Marketing bei eCube
Was Händler und Hersteller jetzt schon tun sollten
Schritt 1: Stand der Barrierefreiheit im Online-Shop prüfen
Hersteller und Händler können sich mit verfügbaren Testwerkzeugen und -anleitungen einen ersten Überblick über den Grad der Barrierefreiheit in ihrem Online-Shop, ihrer App und sonstigen E-Commerce-Angeboten verschaffen. Für den Einstieg bieten sich Einzeltests mit kostenfreien Tools für Kontraste, Screenreaderkompatibilität, verständliche Sprache etc. an. Eine umfassendere Prüfung der Barrierefreiheit ermöglicht u.a. die BIK BITV-Selbstbewertung auf Basis von 98 Prüfkriterien, die die Anforderungen der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) und EN 301 549 abbilden.
Ein solcher Selbsttest kann erste Hinweise auf Optimierungsbedarfe geben. Um ein umfassendes Bild vom Status der Barrierefreiheit in ihrem Online-Shop zu erhalten, sollten Händler und Hersteller auf professionelle Unterstützung durch fachkundige Dienstleister zurückgreifen. Ein valider Test mit detailliertem Prüfbericht dient als Grundlage für die Optimierung der Storefront.
Schritt 2: Barrierefreiheit im Online-Shop optimieren
Die im Prüfbericht erfassten Optimierungsbedarfe und -potenziale werden im Rahmen eines Frontend-Retrofits (technische Anpassung der Storefront) regelkonform umgesetzt. Dazu werden notwendige Maßnahmen aufgelistet, priorisiert (Low hanging fruits first!) und ggf. in Arbeitspakete aufgeteilt. Nach Abschluss der Anpassungen kann/sollte eine weitere Prüfung vorgenommen werden, um sicherzustellen, dass sämtliche definierte Anforderungen an die Barrierefreiheit des Shops erfüllt werden.
Unser Angebot: eCube unterstützt Sie gerne bei der Analyse Ihres Shops, um den aktuellen Stand der Barrierefreiheit zu ermitteln. Sie erhalten ausführliche Handlungsempfehlungen für die Optimierung und bei Bedarf übernehmen wir für Sie die komplette technische Umsetzung.
Weitere Informationen:
- Barrierefreiheit bei Online-Shops – warum Händler jetzt aktiv werden müssen (Bundesfachstelle Barrierefreiheit)
- Barrierefreie Onlineshops: Alles, was Händler wissen müssen (Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V.)
- Barrierefreie Website: Einfacher für alle Menschen (Aktion Mensch e.V.)
- Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – BFSGV (Bundesministerium für Arbeit und Soziales)
- Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung – BITV 2.0 (Bundesministerium der Justiz)