Eigene E‑Commerce-Plattform oder B2B-Marktplätze?

Teaserbild Warenkorb auf Mac Tastatur

Marktplätze wie Amazon Business, eBay Business oder Mercateo bieten neue Vertriebswege für B2B-Händler. Wir werfen einen Blick auf die Vor- und Nachteile dieser B2B-Marktplätze gegenüber dem Verkauf mit eigener E‑Commerce-Plattform.

Dabei geht es um die Frage “Make or buy?” – Selber machen oder vorhandene Lösungen nutzen? – die sich Händlern vor allem beim Start in den E‑Commerce stellt.

Marktplätze bieten Händlern eine fertige Infrastruktur für den Online-Verkauf inklusive Zugang zu Käufern. Das klingt auf den ersten Blick verlockend, weil Aufwand und Risiko gering sind. Jedoch können diese B2B-Marktplätze mit Einschränkungen verbunden sein, die Händler bei ihrer Entscheidung berücksichtigen sollten. Ein Nachteil gegenüber einer eigenen E‑Commerce-Plattform besteht in vielen Fällen darin, dass Händler auf Amazon nur sehr bedingt Alleinstellungsmerkmale entwickeln können, die im Wettbewerb mit anderen Anbietern erfolgskritisch sind.

 

Was B2B Händler davon abhält, auf Amazon Business zu verkaufen

  1. Starke Abhängigkeit vom Marktplatzbetreiber
  2. Geringe Kundenbeziehung zu Bestandskunden
  3. Transparenz gegenüber Amazon
  4. Fehlendes Know-how im eigenen Unternehmen
  5. Vergleichbarkeit von Preisen und Produkten
  6. Mangelhafte Produktdaten im eigenen Unternehmen
  7. Systemintegration und Schnittstellen sind problematisch
  8. Nicht für Produkte des Unternehmens geeignet

Quelle: ibi Research

Eigene Ecommerce-Plattform versus B2B-Marktplätze

Wir wollen Sie im Folgenden dabei unterstützen, das Für und Wider der Optionen abzuwägen und für Ihre Zielsetzung die richtige Wahl zu treffen. Da jeder Händler andere Schwerpunkte setzt, haben wir hier beide Ansätze – eigene eCommerce-Plattform und B2B-Marktplätze – anhand ausgewählter Kriterien gegenübergestellt.

Eigene Plattform B2B-Marktplätze
Markenbildung Individuelle Präsentation des Unternehmens, eigener Content und Corporate Design möglich Präsentation des Unternehmens und der Produkte im “Look & Feel” des Marktplatzes
2. Kauferlebnis Nutzeroberfläche und Shop-Funktionen lassen sich nach Bedarf frei gestalten Begrenzte Gestaltungsfreiheit, Händler ist auf Marktplatzbetreiber angewiesen
3. Analytics, Reporting Individuelles Monitoring und Reporting Nutzerverhalten, Kaufprozess, A/B-Testing möglich Monitoring nur bedingt möglich, Reporting auf wenige vordefinierte KPIs begrenzt
4. Wettbewerb Kein Wettbewerb im eignen Shop, Differenzierung über Kauferlebnis Wettbewerb mit anderen Anbietern auf dem Marktplatz, Differenzierung ggf. über Preis
5. Dauer Implementierung 2-3 Monate zum Prototypen (MVP), 9-12 Monate zur fertigen Plattform, Infrastruktur entwickeln, Produktdaten aufbereiten 2-3 Monate zum Prototypen (MVP), 9-12 Monate zur fertigen Plattform, Infrastruktur entwickeln, Produktdaten aufbereiten
6. Kosten Planung & Entwicklung, abhängig vom Umfang des Projektes Planung & Entwicklung, abhängig vom Umfang des Projektes
7. Integration Planung & Entwicklung, abhängig vom Umfang des Projektes Anbindung ggf. über Standardschnittstellen, abhängig vom Marktplatzbetreiber
8. Funktionalität Service-Architektur beliebig anpassbar; Komplettsysteme begrenzt anpassbar Vom Marktplatz vorgegeben, begrenzt individuell anpassbar bzw. skalierbar
9. Kunden- gewinnung Eigenes Marketing, eigene Kundenbasis Marketing und Kundenbasis des Marktplatzbetreibers

Im Einzelfall können weitere Kriterien insbesondere im Bereich Technologie eine Rolle spielen. Wir unterstützen Unternehmen dabei, erfolgskritische Kriterien zu identifizieren und objektiv zu gewichten.

Vereinfacht können wir folgendes feststellen:

  1. Eine eigene Verkaufsplattform lässt funktional und inhaltlich flexibler gestalten und steuern, benötigt jedoch Zeit und Ressourcen für die Planung und Entwicklung.
  2. B2B-Marktplätze sind schnell und geringem Aufwand einsetzbar, lassen sich jedoch nur bedingt an individuelle inhaltliche und funktionale Anforderungen anpassen.

Gründe für Ecommerce mit eigener Plattform

1. Volle Kontrolle über Kauferlebnis, Strategie und Technologie

Händler können ihre eigene Plattform, sofern diese flexibel anpassbar ist, nach individuellen Anforderungen frei gestalten. Das gilt sowohl für die Gestaltung der Nutzeroberfläche im eigenen Corporate Design, die Präsentation der Produkte, als auch für die Funktionalität. Händler können sämtliche Funktionen entlang des Kaufprozesses wie beispielsweise Produktsuche und -empfehlungen, individuelle Bestellungen und verschiedene Bezahlmethoden nach Bedarf der Käufer einrichten. Andere Funktionen wie Personalisierung und Produktdatenkonsolidierung lassen sich ggf. flexibel automatisieren. Hier sind auf Marktplätzen enge Grenzen gesetzt.

Wichtig: Nicht jede Lösung für Ihre eigene eCommerce-Plattform ist so flexibel, dass sie an jede Ihrer Anforderungen jetzt und in Zukunft angepasst werden kann. Insbesondere Komplettlösungen sind hier deutlich weniger flexibel als Service-basierte Lösungen, bei denen Funktionen wie in einem Baukasten beliebig zusammengefügt und erweitert werden können.

2. Großes Produktsortiment und komplexe Zuliefererstruktur

Je größer das Sortiment eines Händlers und je mehr Hersteller und Zulieferer involviert sind, desto komplexer ist das Produktdatenmanagement. Sortimente mit hunderttausend und mehr Produkten bzw. Produktvariationen benötigen spezielle Funktionen und Prozesse für das Product Information Management (PIM) und die Aufbereitung der Daten für den Online-Verkauf (Product Data Consolidation). Zusätzliche Komplexität entsteht, wenn die Produktdaten regelmäßig aus verschiedenen Quellen geliefert bzw. aktualisiert werden. Solchen Anforderungen sind Marktplätze in technologischer Hinsicht nur bedingt gewachsen, weil das Produktdaten- und Qualitätsmanagement in der Regel sehr individuell sind und spezielle Lösungen erfordern. Marktplätze sind eher für kleinere Sortimente aus einer Hand geeignet.

3. Spezielle Anforderungen an Bestellprozesse und Pricing

Ähnlich wie beim Produktdatenmanagement sind auch die Anforderungen an Bestellprozesse und Pricing in vielen Geschäftsbeziehungen im B2B sehr individuell. Beispielsweise Massenbestellungen per Bestellliste, gefolgt von individuellem Angebot mit fallweise ausgehandelten Preisen brauchen spezielle eCommerce-Prozesse und -funktionen, die sich in Marktplätzen nicht oder nur bedingt abbilden lassen. Das Gleiche gilt für die Preisbildung, die oft sehr individuellen Regeln folgt. Auch hier lassen sich technologische Möglichkeiten wie beispielsweise die Automatisierung von Prozessen in Verbindung mit Maschine Learning flexibler und individueller mit einer eigenen Infrastruktur realisieren.

Leseempfehlung: Eine Übersicht über die besonderen Anforderungen an eCommerce im B2B finden Sie in unserem Whitepaper für den technischen Handel, das Sie hier kostenlos herunterladen können.

4. Markenbildung und Aufbau eines One-Stop-Shops für technische Produkte

Anders als auf Amazon und Co. können Händler ihre Markenwerte auf ihrer eigenen Online-Plattform voll entfalten, ohne sich dort dem direkten Wettbewerb mit anderen Anbietern stellen zu müssen. Ein überzeugendes Kauferlebnis und individueller Kundenservice zahlen direkt in die eigene Marke ein, statt die Bekanntheit und Reputation eines Marktplatz zu fördern. Zudem ist eine eigene Plattform eine wichtige Voraussetzung dafür, in Suchmaschinen wie Google eine fachliche Domäne zu besetzen. Auf B2B-Plattformen wie Amazon oder Mercateo steht dagegen die Marke des jeweiligen Marktplatzbetreibers im Vordergrund, sodass Händler ihre Marke nur bedingt inszenieren können.

5. Integration in Systemlandschaften beim Händler und Käufer

Individuelle Procurement-Prozesse erfordern eine hohe Integration von Technologien auf beiden Seiten. Systeme beim Händler müssen im Einzelfall direkt mit Systemen beim Käufer zusammenarbeiten, um Bestellungen beispielsweise direkt über ERP abwickeln zu können. Eine eigene Verkaufsplattform bietet die notwendigen technologischen Voraussetzungen, um Systemlandschaften zu verknüpfen und bei Bedarf jederzeit flexibel zu erweitern. Insbesondere eine modulare (service-basierte) Architektur gibt Händlern maximale Freiheit. Amazon Business bietet ebenfalls Möglichkeiten zur Integration, diese sind jedoch weniger flexibel und lassen sich im Zweifel nur in Grenzen an individuelle Anforderungen anpassen.

Wichtigste Voraussetzung für den Betrieb einer eigenen Plattform

  • Strategisches Verständnis für digitales Business entwickeln
  • Eigene digitale Kompetenzen und Ressourcen aufbauen
  • Online-Verkauf in Omnichannel-Strategie integrieren
  • Fulfillment an Anforderungen des Online-Verkaufs anpassen

Gründe für E-Commerce über B2B-Marktplätze

1. Nutzung der Infrastruktur eines etablierten Marktplatzes

Amazon bietet die komplette Infrastruktur für den Online-Verkauf einschließlich Fulfillment. Das ist besonders für Hersteller und Händler interessant, die über keine oder eine nur unzureichende Infrastruktur für den Online-Verkauf verfügen und trotzdem erste Schritte im eCommerce gehen wollen. Auf einem B2B-Marktplatz ist dies schnell und mit minimalem Risiko möglich.

Wichtig: Auch der Verkauf auf Marktplätzen erfordert Vorbereitung. Die notwendige Aufbereitung von Produktdaten beispielsweise kann im Einzelfall sehr aufwändig sein. Zudem muss der neue Verkaufskanal in vorhandene Vertriebsstrukturen beim Händler integriert werden, um Synergien zwischen den Kanälen optimal zu nutzen.

 

2. Zugang zu Umsatzpotenzial durch breite Kundenbasis

Auch wenn Marktplätze erst jetzt an Bedeutung für den B2B-Handel gewinnen, verfügen sie bereits über eine breite Kundenbasis in gängigen Warengruppen wie Werkzeug, Bürobedarf, Arbeitsbekleidung etc. Hier können Händler ohne eigene Kundenakquise sofort profitieren. Nischenmärkte beispielsweise für spezielle Technologie oder Ersatzteile sind in Marktplätzen dagegen noch wenig vertreten, sodass hier die Kundenbasis noch klein sein dürfte. Hier sind Händler deshalb ggf. gefordert, sich eine eigene Kundenbasis für ihren Vertrieb zu schaffen.

B2B-Marktplätze im deutschsprachigen Raum

3. ERSTE ERFAHRUNGEN MIT ECOMMERCE SAMMELN

Wie bereits erwähnt, können Händler schnell und mit geringem Aufwand auf Marktplätzen wie Amazon, eBay oder Mercateo in den Online-Verkauf starten. Dort lassen sich erste Erfahrungen sammeln, um beispielsweise eigene Strukturen und Prozesse für den Verkauf über eine eigene Online-Plattform vorzubereiten.

Die Rolle der Produktdaten

Der Online-Verkauf braucht Produktdaten von hoher Qualität, egal ob sich Händler für eine eigene eCommerce-Plattform oder einen Marktplatz entscheiden. Der Aufwand für die Aufbereitung der Daten wird häufig unterschätzt, denn der Online-Verkauf stellt gegenüber dem klassischen Verkauf besondere Anforderungen an die Struktur und den Umfang der bereitgestellten Produktinformationen. Der Aufwand für die Aufbereitung der Daten wächst mit der Größe des Produktsortiments und der Häufigkeit, in der die Daten von Herstellern aktualisiert werden. Besonders Händler, die ihre Produktdaten manuell bearbeiten, sollten den Start in den Online-Verkauf dazu nutzen, Prozesse zur Datenkonsolidierung so weit wie möglich zu automatisieren.

Unser Tool Chioro unterstützt Sie dabei, die Aufbereitung Ihrer Produktdaten für den Online-Verkauf zu automatisieren. Dadurch können Sie dauerhaft Ressourcen einsparen und die Qualität Ihrer Daten spürbar verbessern. Weitere Informationen zu Chioro finden Sie unter www.chioro.de

 

Fazit: Details machen den Unterschied

Ein Marktplatz wie Amazon bietet sehr viele Möglichkeiten, die ein eigenes eCommerce-System auch bietet. B2B-typische Kauf- und Fullfilment-Prozesse lassen sich zuverlässig abbilden. Bei sehr speziellen Anforderungen wie beispielsweise bei Massenbestellungen per Bestellliste oder die Kalkulation von Staffelpreisen, die vom System viel Flexibilität erfordert, stoßen Marktplätze an Grenzen. Ebenso wie Komplettsysteme für eCommerce lassen sich Marktplätze nur in bestimmten Maße an individuelle Bedürfnisse anpassen. In diesen Fällen sollten Händler über eine eigene Plattform nachdenken, die mit den sich wandelnden Anforderungen wachsen kann.

Haben Sie Fragen zu Ihrer Strategie? Wir unterstützen Sie gerne bei der Analyse und Auswahl der richtigen Lösung für Ihren Online-Verkauf. Vereinbaren Sie hier einen Termin für ein erstes Beratungsgespräch oder einen Analyse-Workshop.

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